Hintergründe und Arbeitsweise
In den letzten Jahren sind Familien-, System- und Organisationsaufstellungen sehr populär geworden. Seminarteilnehmer berichten häufig von erstaunlichen Entdeckungen, positiven Veränderungen und heilsamen Erfahrungen sowohl psychisch-emotionaler wie auch körperlicher Art.
Familienaufstellungen – Ursprünge
„Wir haben erkannt, dass alle ungesunden Beziehungsmuster von mehreren Generationen geformt sind“, sagt Ivan Boszormenyi-Nagy. Er war einer der Begründer und Pioniere der systemischen Familientherapie und hat zusammen mit vielen anderen Wissenschaftlern und Therapeuten (Virginia Satir, Salvadore Minuchin, Gregory Bateson, Mara Selvini Palazzoli etc.) grundlegende Erkenntnisse über die Beziehungsdynamiken in Familiensystemen erforscht und auch Therapiemodelle entworfen.
In den neunziger Jahren wurden durch die Arbeit von Bert Hellinger sogenannte Familienaufstellungen populär, die Hellinger u. a. in Anlehnung an die Familienskulpturarbeit von Virginia Satir entwickelte. Viele Berater und Therapeuten übernahmen diese Methodik und/oder entwickelten diese weiter. Hellinger selbst beschritt im Laufe seiner Arbeit zunehmend esoterische Wege und betreibt Aufstellungsarbeit inzwischen so, dass sich sogar die Deutsche Gesellschaft für Systemaufstellungen (DGfS) in vielem von ihm deutlich distanziert. Diverse Aufstellungsangebote finden inzwischen im Zusammenhang mit fragwürdigen Ansätzen und Praktiken statt. Es gibt allerdings auch eine ganze Reihe von Angeboten, die insbesondere auf den Grundlagen der systemischen Therapie und Beratung basieren. Daher ist es sinnvoll, sich im Vorfeld über Qualifikation und Arbeitsweise der jeweiligen Aufstellungsleiter zu informieren.
Unsere Arbeitsweise
Wir bieten Familienaufstellungen im Rahmen von 3–4 tägigen Intensivseminaren auf christlich-seelsorgerlicher Basis und mit fundierter therapeutischer Begleitung an.
Die Teilnehmenden sollten in der Lage sein, sich auf einen Prozess der Selbstreflexion und Selbsterfahrung einzulassen. Interessierte Teilnehmer füllen deshalb bereits im Vorfeld einen Fragebogen aus, der zugleich die Grundlage unserer Aufnahmeentscheidung ist. Personen, die sich in einer akuten psychiatrischen Krise befinden, können nicht teilnehmen.
In der Regel kommt jeder Teilnehmer mit einer Frage die ihn bewegt zum Aufstellungsseminar, wie z. B.: „Warum habe ich immer wieder einen bestimmten Konflikt?“, „Wieso habe ich kaum Zugang zu meinen Gefühlen?“, „Ich komme an einem bestimmten Punkt in meinem Leben nicht weiter“ etc…
Im Seminar stellt dann jeder Teilnehmer seine eigene Herkunfts- oder auch Gegenwartsfamilie auf, d. h., er sucht sich aus der Gruppe Stellvertreter für seine Familienmitglieder aus und stellt mit diesen ein „Beziehungsbild“, das dem inneren Bild seiner Wahrnehmung entspricht. Der Leiter befragt dann die einzelnen Stellvertreter an ihrem jeweiligen Platz nach ihren Wahrnehmungen und Empfindungen. In der Regel sind diese stimmig mit den Empfindungen des Aufstellers.
Im Verlauf der Aufstellung wird dann vom Leiter der Aufstellung in unterschiedlicher Art und Weise gearbeitet. In der Regel werden die oft verborgenen und tabuisierten familiären Konflikt- und Beziehungsthemen, notwendige Grenzziehungen, fehlende oder ungute Bindungen, Traumatisierungen etc. rasch sichtbar und deutlich. Kernthemen, wie die Vater- und Mutterbeziehung stehen bezeichnender Weise immer wieder im Mittelpunkt und werden somit einer Bearbeitung zugänglich.
Familienaufstellungen sind Beziehungsklärungsarbeit und aus diesem Grund wird der Aufsteller ab einem geeigneten Punkt in die Aufstellung hineingeholt. Er hat dann die Möglichkeit, mit den einzelnen Personen seiner Familie bzw. den Stellvertretern, in den Dialog zu gehen. Des Weiteren werden nach Bedarf unterschiedliche therapeutische Vorgehensweisen, wie z.B. die Arbeit mit dem Inneren Kind oder die Wiederaufnahme der Hinbewegung zur Mutter oder zum Vater innerhalb der Aufstellungsarbeit eingesetzt. Schmerzhafte, verdrängte, abgespaltene, manchmal unbenennbare Beziehungsthemen werden im wahrsten Sinne des Wortes zugänglich.
Solche Beziehungsarbeit erfordert ein „Zugehen“ auf das schmerzhafte Thema und die damit verbundenen Bezugspersonen, mit denen häufig verstrickte Beziehungen und destruktive Beziehungsmuster bestanden oder bestehen.
Diese Arbeit erfordert eine erfahrene fachliche Leitung im Prozess. Derartige Klärungen brauchen Zeit und Tiefenwirkung und deshalb ist der Rahmen einer intensiven und vertraulichen Gruppenerfahrung über mehrere Tage sehr hilfreich.
Prozessorientiertes Arbeiten
Einlassen – Zulassen – Erkennen – Verstehen, damit ist schon ein wesentlicher Teil dessen beschrieben, worum es bei Familienaufstellungen geht. Ein weiterer Vierklang besteht aus den praktischen Beziehungsklärungsschritten:
- Klärung des Kontaktes zu sich selbst
- Wiederaufnahme des verlorenen oder gestörten (unterbrochenen)
Kontaktes zu wesentlichen Bindungspersonen (Mutter, Vater, Geschwister) - Klare Grenzziehung und Loslösung von schädigenden und zerstörerischen Bindungen
- Akzeptanz dessen, was nicht möglich war und nicht mehr möglich ist
(Verabschiedung von unrealistischen Erwartungen)
Dies alles ist nur auf der Grundlage einer prozessorientierten Vorgehensweise möglich, in der immer berücksichtigt werden muss, was dem Teilnehmer möglich ist und was (noch) nicht.
Vergebung, Versöhnung und Befreiung
Für manche Teilnehmende kann es wichtig sein, diese tiefgreifenden Erfahrungen mit ihrem christlichen Glauben zu verbinden. Deshalb besteht die Möglichkeit, am Ende eines Aufstellungsseminars, an einer Gebets – und Segnungszeit teilzunehmen. Wer möchte, hat hier die Gelegenheit, Erkanntes vor und mit Gott festzumachen, zu lösen, zu bekennen usw. . Wir sind überzeugt, dass es Gottes Wunsch und Ziel ist, jeden Einzelnen durch einen tiefgehenden Heilungsprozess zu begleiten und Befreiung zu ermöglichen. Dabei legen wir großen Wert darauf, dass zu keinem Zeitpunkt Druck ausgeübt wird.
Grenzen und Chancen der Aufstellungsarbeit
Aufstellungen sind eine effiziente Möglichkeit, sich intensiv mit seinen Lebensfragestellungen und -konflikten auseinanderzusetzen. Sie ersetzen nicht einen notwendigen längeren Prozess der Seelsorge, Beratung oder Therapie.
Sie können aber stark unterstützend in solchen Prozessen wirken und helfen in der Regel ganz besonders dabei, Zugang zu den eigenen Wahrnehmungen und Emotionen zu bekommen, „vom Herzen her“ an die eigenen wichtigen Themen heranzukommen. Aufstellungen sind kein Allheilmittel, aber sie sind – fachlich korrekt und achtsam durchgeführt – eine bewährte Methode der systemischen Familientherapie.
In einem christlich-seelsorgerlichen Rahmen ermöglichen Familienaufstellungen darüber hinaus, dass Gottes Liebe und Barmherzigkeit in unseren oft belasteten Beziehungen neu erfasst und wirksam werden können.
In Anlehnung an einen Artikel von Rolf Gersdorf – Leben im Kontext e. V., 44139 Dortmund – www.lebenimkontext.de
Buchtipp: „Versöhnt mit gestern – Familienstellen auf biblischer Grundlage“ (R. Gersdorf)